Donnerstag, 9. Juni 2016

Wenn menschliche Werte zu etwas Besonderem werden

Vorneweg, ich stelle die beiden Themen, die ich in diesem Post anspreche, nicht auf eine Ebene. Das eine ist in meinen Augen ungleich schlimmer als das andere, aber es sind zwei Dinge, die mir in der letzten Zeit untergekommen sind, bei denen ich mich einmal wieder frage, ob menschliche Werte wie Ehrlichkeit und auch Mitgefühl und ja, verdammt nochmal, Menschlichkeit, mittlerweile sowas Besonderes sind, dass man ihre Einhaltung kenntlich machen muss und Menschen, die diese Werte noch besitzen, als Helden feiert.

Ich nehme an, dass die meisten von dem Urteil gegen den Vergewaltiger von Stanford gehört haben. Und damit auch von den beiden schwedischen Studenten, die Schlimmeres verhindert haben. Ich sage nicht, dass es nicht gut und mutig war, was sie getan haben. Aber ich habe ein bisschen ein Problem mit der Bezeichnung "Helden". Ein Held tut etwas Außergewöhnliches, das sonst kaum je ein Mensch tun würde. Und mir wird schlecht, wenn ich daran denke, dass die Bezeichnung "Helden" bei diesen Studenten bedeutet, dass sonst kaum je ein Mann einschreiten wüde, wenn er eine Vergewaltigung mitbekommt. Ich weigere mich, das zu glauben! So ein bisschen Glauben an die Menschheit habe ich noch. Und genau deshalb stört mich diese Bezeichnung auch so. Es ist ein Schlag ins Gesicht jedes Opfers, wenn es dankbar sein muss, dass jemand etwas beendet hat, das niemals hätte beginnen dürfen! Nochmal, ich will damit die beiden Studenten nicht schlecht machen, mich stört nur die Art, wie unsere Gesellschaft damit umgeht!

Das zweite, was mich stört, ist vom Schweregrad des Verbrechens weit geringer, aber auch hier wird sich gerühmt, wenn man es nicht macht. Ich spreche von dem Plagiatsskandal, der gerade den Buchmarkt erschüttert. Abgeschriebene Bücher wohin man schaut, wie es aussieht. Und schon erklären einige Autoren, dass sie das nicht tun, dass ihre Bücher Originale sind und so weiter. Ich verstehe, dass man sich gegen die Plagiate positionieren möchte, aber ich würde sagen, das ist auch wieder so eine Sache, die selbstverständlich sein sollte. Man klaut anderen nicht ihren Besitz und genauso wenig klaut man geistiges Eigentum.

Vielleicht habe ich hier eine Autorenkrankheit, die sich "Was wäre, wenn..." nennt, aber ich kann mir hier einige unschöne Konsequenzen denken, wenn man diese Gedanken weiterführt. Leben in einer Gesellschaft, in der man sich dafür bedanken muss, wenn mal jemand nicht nur an sich selbst und den eigenen Gewinn denkt, ohne dabei den Verlust eines anderen zu berücksichtigen, wenn jemand wenigstens die einfachsten menschlichen Regungen wie Mitgefühl zeigt, klingt für mich nicht sehr lebenswert.

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