Dienstag, 13. März 2018

Wie viel kann/muss ein Autor von sich verlangen?

Sind wir einmal ehrlich, wir Autoren haben alle Kolleginnen und Kollegen, die wir mehr oder minder heimlich bewundern. Sei es für die schiere Masse dessen, was sie produzieren, sei es, weil sie trotz eines für uns völlig chaotisch anmutenden Lebens noch produzieren können oder auch für die Qualität die sie erreichen. Und wir alle stehen bisweilen da: „Ich will auch!“ Aber wie? Ist es wirklich Faulheit, die uns abhält? Oder mangelnde Bereitschaft, uns wirklich reinzuhängen? Was diese Bereitschaft angeht, werde ich in den nächsten Tagen auch noch einen Blogpost dazu verfassen. Aber nun zu „Was muss wirklich?“

Ich habe zum Beispiel für mich selbst festgestellt, dass mein literarischer Ausstoß sehr stark schwankt. Zu Beginn eines Jahres sieht es meistens ziemlich mau aus, dann steigt der Ausstoß langsam an, fällt im Frühsommer wieder ziemlich ab, erreicht im Sommer entweder einen Höhepunkt oder aber einen Tiefpunkt, das hängt immer ein bisschen vom Wetter und den äußeren Aktivitäten ab, steigt im Herbst wieder deutlich an und erreicht im Regelfall im November (siehe nanowrimo.org) seinen Höhepunkt.
Nun unterliegt aber auch der normale Jahreszyklus beim Schreiben auch noch weiteren Schwankungen. Ich kann und will nicht ausschließlich schreiben, sondern auch noch andere, mehr oder weniger kreative Hobbies ausleben, ich bin Vollzeit berufstätig und bin zumindest kein Vollzeit-Einsiedlerkrebs. Das heißt, es gibt Zeiten, da brütet mein Kopf andere Projekte aus, wälzt berufliche Herausforderungen oder ich verbringe einen großen Teil meiner Freizeit nicht zu Hause (für mich eine schreiberische Einschränkung, das muss aber nicht für alle so sein).
Diese nicht-zyklischen Schwankungen haben natürlich je nachdem mehr oder weniger Einfluss. Bin ich in einem schreiberischen Hoch, kann es sein, dass ich in sehr wenig Zeit trotzdem einen ordentlichen Output hinbekomme. In einem schreiberischen Tief kann ein einzelnes weiteres Kreativprojekt ausreichen, um meinen Ausstoß für einige Zeit auf Null zu setzen.

Prinzipiell sind diese Schwankungen ja auch nichts Schlechtes, immerhin sind wir Menschen, keine Roboter. Aber wenn wir weniger schwanken wollen, oder überhaupt mal von der Nulllinie wegkommen wollen, dann ist zunächst mal eines nötig: Ehrlichkeit zu sich selbst. Es gibt ein paar Fragen zu stellen und zu beantworten und ohne Ehrlichkeit mit uns selbst landen wir recht schnell im Tal der Frustration.

1. Habe ich eine Deadline?
Damit ist natürlich nicht nur die Verlagsdeadline gemeint, sondern auch eventuelle Deadlines, die uns das Leben setzt. Weiß ich zum Beispiel, dass ich im nächsten Jahr ins Ausland gehe, dann sollte ich meine Projekte vorher abschließen, damit ich nicht daran hängen bleibe, dass das Leben hämisch über meine Pläne lacht. 
Ist diese Frage mit Ja zu beantworten, dann hilft ein Zeitplan, den Ausstoß kurzfristig zu erhöhen, indem man im Zweifelsfall den inneren Schweinehund über den Haufen schreibt. Das lässt sich aber aus Gründen nicht immer und nicht für Ewigkeiten machen. Da gibt es nämlich noch ein paar andere Fragen
2. Bin ich gerade überhaupt voll belastbar?
Geben wir es zu, manchmal sind wir regelrecht brutal uns selbst gegenüber. Erkältet, zu wenig Schlaf, Stress auf der Arbeit aber wir prügeln uns abends noch vor die Tastatur und wundern uns, warum der innere Schweinehund auf einmal so groß ist, die Couch so verlockend und unsere Disziplin so gar nicht vorhanden. Manchmal wälzen wir Probleme, die unsere gesamte Hirnkapazität fressen. Und das ist okay, wenn das passiert. Wir sind immer noch keine Roboter und wir können nicht permanent 100% und mehr leisten. Es macht also wenig Sinn, zu versuchen, den Ausstoß massiv zu erhöhen, wenn gerade gar keine volle Belastbarkeit vorleigt.

3. Nimmt gerade irgend etwas meine Aufmerksamkeit ein?
Das können positive, wie negative Dinge sein. Ein großes Projekt bei einem anderen Hobby kann genauso eine Ausstoßbremse sein, wie Stress in der Beziehung oder eine prekäre Beschäftigungssituation. Auch wenn die Antwort auf diese Frage ja lautet, ist klar, warum es gerade nicht mit dem Ausstoß klappen will.


Konnte man wahrheitsgemäß feststellen, dass es gerade nichts gibt, was einen an einem höheren Ausstoß hindern würde, dann stellen sich weitere Fragen. Das fängt damit an, dass jeder Jeck anders ist und damit jemand vielleicht erst gründlich planen muss, jede einzelne Karte gezeichnet haben muss und überhaupt wissen muss, was der Cousin des Freundes des Nachbarn des Protagonisten vorgestern zu Mittag gehabt hat, bevor das erste Wort am Roman geschrieben werden kann. Dann heißt es: Hinsetzen und Hausaufgaben machen, ehe man daran gehen kann, den Ausstoß zu verbessern.
Jemand anders braucht stattdessen eher ein Prompt und neue Musik, um einfach drauflos arbeiten zu können. Na dann, ran an die entsprechenden Quellen.
Manchmal passt das aktuelle Projekt auch so überhaupt nicht zur Lebenssituation, dass das bremst.
Das soll euch jetzt keine Ausrede zu wildem Projekt-Hopping geben, auch wenn in meinen Augen eine halbe Seite hier und eine halbe Seite da immer noch mehr sind, als wochenlang frustriert gar nichts zu schreiben. 
Aber ein Liebesroman schreibt sich möglicherweise sehr schlecht, wenn man selbst gerade Liebeskummer hat. 
Manchmal hat vielleicht auch die Umgebung noch nicht gemerkt, wie ernst wir es mit dem Schreiben meinen. Dann hilft Reden. Das hilft übrigens auch dann wenn wir sonst das Gefühl haben, unsere Umgebung würde uns im Weg stehen.
Und als Letztes: Manchmal ist es auch okay, zu daddeln oder sich mti dem Partner zu unterhalten oder einfach nur auf der Couch zu fläzen. Das muss hin und wieder auch sein. Und wenn wir es wirklich genossen haben, gibt es keinen Grund, dann darüber zu schimpfen, dass wir nicht geschrieben haben. Alles haben geht nicht, in beide Richtungen nicht. Also warum nicht dafür sorgen, dass man sich wohlfühlt und diese Energie dann nutzen? Das wäre doch das ultimative Win-win oder?

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